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Berichte und Bilder vom 2. Ökumenischen Kirchentag in München
Es berichtet Reinhard Völker
Der zweite ökumenische Kirchentag in München ist Vergangenheit. Er stand im Zeichen der Ökumene, der alten und wohl auch neuen Finanzkrise, dem Skandal um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche sowie dem spektakulären Auftritt der einstigen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche (EKD) Margot Käßmann. Das Medieninteresse war stellenweise gewaltig, das Wetter mehr als bescheiden, und viele Fragen blieben auch am Schluss offen. Nur eins scheint deutlicher geworden: die Basis, vor allem in der katholischen Kirche, ist weiter als "die da oben". Ein Problem haben freilich beide Großkirchen: rückläufige Mitgliederzahlen (vermehrt in den letzten Wochen), sinkende Einnahmen und vor allem ein gewaltiges Image- und Akzeptanzproblem. Aktuelle Eindrücke, Stimmen und Bilder liefert ihnen der der Kirchentagsblog. Ich wünsche eine anregende Lektüre.
Sonntag, der 16. Mai | Adieu München
++++++Das war`s: der 2. Ökumenische Kirchentag in München ist vorbei. Fünf regnerische und kalte Tage (unfassbar!, es ist Mai und die Leute waren gekleidet wie im Januar!) sind deutsche Kirchengeschichte. Ob dieses Treffen wirklich "Geschichte geschrieben" hat, wie es beim Abschlussgottesdienst auf der Theresienwiese einige prominente Kirchenvertreter behaupteten, wird sich jenseits der Wunschrethorik im Alltag
beweisen müssen.++++++ Stichwort: Abschlussgottesdienst. Angeblich sollen 100.000 Menschen auf "der Wiesen" gewesen sein. Da habe ich so meine Zweifel, denn noch immer ist die Farblehre dieses Kirchentages grau. Dennoch meinte der katholische Kirchentags-präsident Alois Glück, in Anspielung auf die metereologischen Zustände: "Die Ökumene ist wetterfest!". Sein evangelisches Pendant, zwei Köpfe größer und dafür weniger Haare auf dem Haupt, Prof. Eckhard Nagel, rief die Christen und Christinnen auf einen "neuen Aufbruch zu wagen", um die gesellschaftlichen und kirchlichen Herausforderungen zu meistern. Und der neue EKD-Ratsvorsitzende Nikolas Schneider forderte "ein Maßhalten in der Wirtschaft und mehr Menschlichkeit!"
Nunja, was man als Christ halt auf so einem Podium eben so in die Kameras sagt. Irgendwie machen mich solche Gutmenschentexte verlegen. Sie sind ja richtig, und bekommen auch den entsprechenden Applaus - aber sind auch irgendwie inflationär und von "durchschlagender Wirkungslosigkeit" (Max Frisch). ++++++ Nun also Dresden. Dort findet vom 1. - 5. Juni 2011 der nächste evangelische Kirchentag statt, ein Jahr später der Katholikentak in Mannheim. Und wann der nächste ökumenische Kirchentag? Werden wir wieder sieben Jahre warten müssen? Diese Frage wurde hier oft gestellt. Und in Anspielung auf gemischtkonfessionelle Ehen sagte Alois Glück bezüglich des gemeinsamen Abendmahls: "Wir brauchen hier dringend eine Lösung!" Wie
lautete das Kirchentagsmotto? Genau: Damit ihr Hoffnung habt! Dafür gab es Beifall, dann den Segen, und dann ging´s rasch in die warmen Busse. ++++++ Stichwort: Darmstadt! Ein Wunder ist geschehen: jenseits von München reißt auf der Rückfahrt die Wolkendecke plötzlich auf und die Sonne kommt hervor. Sie blendet uns fast, nach fünf Tagen des Einheitsgrau. Als die Reisegruppe aus fünf Dekanaten am Hauptbahnhof Darmstadt aussteigt ist es mindestens um fünf Grad wärmer. Ein Kirchentagsbesucher spricht aus, was wohl viele denken: München reicht vorerst. Schließlich ein letztes Umarmen und Herzen, dann hat er uns wieder: der Alltag.
(M-) ein Fazit: 1. Anregende und schöne Begegnungen mit fremden wie scheinbar vertrauten Menschen (danke Arno!). 2. Die schöne Tradition des Abendsegens...auf dem Marienplatz. Solche Gottesdienste wünschte ich mir öfters in unseren Kirchen. Schlicht, besinnlich, nachdenklich, ruhefördernd und doch so gehaltvoll in den wenigen Worten. 3. Die Gemeinschaft mit so vielen ähnlichen, verschiedenen, verstörenden und ganz fremden Glaubenden. 4.Weniger ist mehr. So viele Bilder, Begegnungen und Veranstaltungen haben sich zu einem Ganzem vermengt. Hoffentlich gelingt die innere Verdauung des Erlebten. 5. Was immer wir auch tun und leisten, wie oft wir uns auch abrackern und abbmühen und sagen: am Ende zählt nur, wieviel wir geliebt haben. Mein Kirchentagssatz stammt von einem Moslem: "Nur wer liebt, lebt im Frieden!" ++++++ Schön, dass Sie virtuell hier die Tage mit dabei waren. Servus sagt Reinhard Völker, im Namen von 130.000 Dauerteilnehmern...
Samstag, der 15. Mai | 4. Tag
++++++Ein Wunder ist in München geschehen! Die Sonne hat sich zum erstenmal seit Tagen gezeigt. Es gibt sie also noch! Da könnte man glatt einen Freudensprung machen. Zu diesem Sprung hat auch Pierre Stutz, der bekannte spirituelle Autor aus der Schweiz, in seiner heutigen Andacht die Christen humorvoll aufgefordert. In Anspielung auf den Predigttext ("Ihr habt mich gekleidet, ihr hat mir zu essen gegeben...") sagte er: "Ich mag Ziegen und finde es schade, dass diese Tiere in diesem Bibeltext so schlecht wegkommen. Dabei können sie aus dem Stand einen einen Luftsprung machen."++++++ Marx lebt, und er ist sogar Bischof. Der volkstümliche Kirchenmann und Autor von "Das Kapital" (sic!) fordert in der Diskussion mit Prof. Dr. Andreas
Barner vom Vorstand eines weltweit operierenden Pharmakonzerns mehr Ethik. Als engagierter Christ sagte Barner zuvor in seinem Impulsvortrag wohlfeile Sätze wie: "Bildung muss mehr gefördert werden" und "Die Gier aller hat zu der jetzigen Finanzkrise beigetragen!" Beim Satz "Es gibt viele Unternehmen, die durchaus ethisch handeln!", habe ich mich laut gefragt: Ja, wenn dem so ist, wieso gibt es dann eine Finanzkrise?! Bischof Marx forderte klare Regeln für einen entfesselten Markt, die die Politik klar formulieren müsse, und sprach sich vehement gegen einen neoliberalen Kapitalismus und für eine soziale Marktwirtschaft
aus.++++++ Gerade läuft die Bilanzpressekonferenz im Pressezentrum, während ich diese Zeilen in den Computer tippe. Und was sagen diese Herren? Eine kurze Zwischenbemerkung! Dort sitzen sie alle: Robert Zolitsch, Nikolas Schneider, Eckhard Nagel, Alois Glück usw. - genau: alles nur Männer! Kirche, egal ob evangelisch, oder protestantisch, ist nach wie vor männlich. Frauen haben nicht wirklich was zu sagen, geschweige denn was zu entscheiden, dafür viele Ehrenämter! Dieses Bild der Bilanzpresse-konferenz sagt mehr als die tausend Worte dieser Kirchenherren. Sie wollen wirklich wissen was sie gesagt haben? Ganz ehrlich? Okay! 0-Ton: "Dieser Kirchentag war ein voller Erfolg!" Potzblitz! Das sagen auch Unternehmen, oder Parteien, wenn sie in der Krise
stecken. ++++++Der Kirchentag geht in die Zielgerade. Aber bevor er das tut, streiten sich der Unternehmensberater und einstige BDI-Chef Olaf Henkel und Prof. Wolfgang Sachs über die Grenzen des Wachstums. Olaf Henkel, nach dem übrigens ein giftiger Schmetterling in Indonesien benannt ist, wie er selbst süffisant bemerkt, versprüht verbales Gift. "Afrika ist nicht wegen mangelnden Wachstums arm, sondern weil die Globalisierung dort nicht angekommen ist!" Nur wo, Zitat: "Demokratie, Marktwirtschaft und Menschenrechte verwirklicht wurden, sehen wir Wachstum!" Komisch, wieso boomt dann China, während Griechenland (Wurzel aller Demokratie) um finanzielle Hilfe betteln muss? Ja, bei dem Dojen der grenzenlosen Wachstumsidee regt sich Widerspruch in der vollen Messehalle, aber das Streitgespräch fällt aber allzu zahm
aus.++++++Nina Hagen war in München und hat angeblich sogar "der" Kässmann die VIP-Show gestohlen" - behauptet eine Münchner Zeitung. Komisch, wieso habe ich dann nicht`s von dieser extrovertierten Frontfrau der vagen Esoterik mitbekommen?++++++ Die "Mutter Theresa von Chile" war auf dem Kirchentag, und ich habe sie gesehen. Schwester Karoline Mayer ist ein christlicher Energieriegel, dem man gerne zuhört. Die alte Dame strahlt Liebe und Kraft aus, dass es fast das Publikum umhaut, und der bekannte Autor Christoph Quarch sichtlich Mühe hat, die missionarische Dame zu bremsen. Auf dem Podium diskutieren mit ihr ein Zen-Buddhist, ein Moslem und ein Ordensmann über Kontemplation, Selbstfindung und engagierte Nächstenliebe. Zwischendrin spielt Matthias Graf Musik auf Instrumenten, die man
so noch nicht gesehen hat. Das klingt wie von einer anderen Welt. Ein schönes Zitat noch von dem muslimischen Philosophen Karimi vom Podium: "Nur wer liebt, lebt im Frieden!"++++++Der Kirchentag neigt sich so langsam dem Ende entgegen. Die ersten Stände in der AGORA (Markt der Möglichkeiten) werden abgebaut, und es breitet sich etwas Abschiedsstimmung aus. Doch noch ist es nicht vorbei. Viele Konzerte und Abschlussfeste laden zum feiern ein. Ich werde auch feiern gehen...sofern Werder Bremen in Berlin gegen Bayern München gewinnen sollte. Und falls die Lederhosen gewinnen, freue ich mich mit ihnen hier in München, und dann dürfte die "Hölle los sein" in der Kirchentagshauptstadt.++++++So, das war´s von mir...fast. Morgen gibt es einen kurzen Nachschlag zum Abschlußgottesdienst une natürlich eine persönliche Bilanz. Für heute sage ich "Gute Nacht Freunde!" Ich bin müde, wie die jungen Menschen auf dem nebenstehenden Bild. Morgen schlafe ich wieder in meinen Bett. Servus++++++
Freitag, der 14. Mai | 3. Tag
++++++Die Farbenlehre des Kirchentages ist grau. Es regnet ununterbrochen in München. So richtige Kirchentagsstimmung will nicht aufkommen. Es liegt irgendwie eine bleierne Stimmung auf diesem kirchlichen Event. Auch Karin Göring-Eckhart beklagt in ihrer heutigen Bibelarbeit etwas diese Stimmung. In Anspielung auf den Bibeltext ermutigt sie aber die Kirchentagsbesucher nicht zu resignieren und untätig zu werden, angesichts des "Seufzen der Kreatur". Zusammen hält sie mit dem Umweltminister Norbert Röttgen die heutige Bibelarbeit. Und der Umweltminister entpuppt sich als ein überraschend guter Theologe mit Appellen an das Publikum. "Nein, der Bibeltext des Apostel Paulus sagt nicht, es würde schon am Ende alles gut, und wir müssten nichts tun. Wer insgeheim hofft, dass uns ein Gott aus den Katastrophen und Umweltverschmutzungen rette irrt. Wir alle sind zum Handeln aufgerufen!".
Und die grüne Politikerin und Theologin ergänzt: "Aber lasst uns nicht miesgrämige Weltverbesserer sein, sondern von der frohen Botschaft ermutigte Weltverbesserer des Alltags!"++++++ Die Welt verbessern wollten die Teilnehmer des neu ins Programm geholten Themas: "Sexueller Missbrauch und die katholische Kirche" nicht. Gleichwohl sollte sich diese Veranstaltung zum zweiten medialen Höhepunkt dieses Kirchentages nach Kässmann entwickeln. Dutzende Kamerateams und tausende von Menschen lauschten erwartungsvoll auf die Worte von Klaus Mertens, dem Leiter der Casiniusschule in Berlin. Durch ihn kam Anfang des Jahres überhaupt der ganze Mißbrauchsskandal in die Öffentlichkeit. Doch bevor es überhaupt losging, stürmte ein Mann, selbst ein Opfer, an die Bühne und schimpfte auf die Kirche und verlangte den Abbruch dieser "verlogenen Veranstaltung!". Es entstanden tumultartige Szenen, weil sich nun die Journalisten wie eine Meute hungriger Wölfe auf den Mann stürzten. Schließlich beruhigt sich der Konflikt.
Der Jesuit Mertens bekennt und beklagt: "Ja, nicht wir haben das Schweigen geborchen, sondern die Opfer!". Mertens verlangte in seinem vom Applaus unterbrochenen Statement mehr Transparenz und Komminikation in der Kirche. "Die hierarchischen Strukturen müssen gelockert, und nicht jedes offene Wort sanktioniert werden!" Der Moraltheologe und Psychologe Wunnibald Müller wird noch direkter. "Es wird Zeit, dass die Sexualmoral und das Zöllibat aufgeweicht werden.
Homosexualität ist erstens nicht weniger Wert als heterosexuelle, und zweitens müssen Frauen endlich zum Priesteramt zugelassen werden und die Priester selbst einer psychologischen Begutachtung unterzogen werden!" Den Missmut des Publikums zog sich der Beauftragte für Mißbrauch der katholischen Bischofskonferenz Bischof Stephan Ackermann zu. Er eierte herum, als er Stellung nehmen sollte zu den männlichen Machtstrukturen in der katholischen Kirche und der Sexualmoral. Die Frage nach der Sexualität, das wurde hier jedem plötzlich klar, ist im Kern eine Machtfrage. Mit ihr steht und fällt das System der Kurie.++++++ Nach soviel heftiger Debatte kühle ich erst einmal meinen Kopf im nassen Grau des Münchner Himmels. Achja, ich habe übrigens Horst Seehofer getroffen...genau der, der am Mitwoch gesagt hat, dass man dem Wort
von Politikern nicht zu sehr trauen solle...tue ich auch nicht!++++++ Schon mal was von "Artoklasia" gehört? Nein? Ich auch nicht. Am Mittag war ich bei der orthodoxen Tradition des Brotbrechens, das meint jenes Fremdwort, mit über 5000 Menschen dabei auf dem Odeonsplatz. 1000 Tische waren gedeckt an denen jeweils fünf bis sechs Menschen in saßen, und gemeinsam sich ein frisches Brot sowie Wasser und Apfel teilten. Doch bevor sie dieses Gaben verzehren und ins Gespräch miteinander kommen konnten, durften sie einem orthodoxen Gottesdienst unter grauem Himmel beiwohnen. An dieser
ökumenischen Tischgemeinschaft nahmen kirchliche wie weltliche Prominenz teil wie EX-Bischof Wolfgang Huber, Alois Glück vom Zentralkomitee der Katholiken, Innenminister de Maizere und katholische, griechisch-orthodoxe Patriarchen und Metropliten, Baptisten und andere evangelische Wegelagerer. Laut der Presse war diese Feier der "symbolträchtigste Augenblick" des Kirchentages - Wow, und ich war ein Teil d
ieses Augenblickes! ++++++ Kein Kirchentag ohne den Abendsegen mit Fritz Baltruweit und seiner Band sowie dem Zuspruch der Nacht mit jeweils einer kirchlichen Prominenz und dem klassischen Schlusslied "Der Mond ist aufgegangen". Es gibt einfach Rituale auf einem Kirchentag, die möchte ich nicht missen. Das Kerzenmeer, diese entspannten Gesichter nach einem langen Tag, jung und alt, fromm und weniger fromme, müder oder heiter, stimmlich begabt, oder stimmlich frei gestimmt: Dieser Segen ist für mich eine Perle der Nacht. Ein kleines Boot im Weltenmeer des Altags, eine dämmrige Ode an den müden Leib. Ein melancholischer Gesang für einen heiteren Geist, ein...ohje, jetzt fange ich wohl an zu visionieren. Der Tag war eindeutig zu lang. Es ist jetzt wirklich an der Zeit für mich ins Bett zu gehen. Gute Nacht, du unruhige Welt, du nimmermüder Menschengeist...++++++
Donnerstag, der 13. Mai | 2. Tag (Christi Himmelfahrt)
++++++Sie ist wieder da! Die "protestantische Mutter des Wohlgefühls": Pfarrerin Margot Kässmann. Nach ihrem spektakulären Rücktritt hat sie hier nun ihren ersten öffentlichen Auftritt bei einer Bibelandacht. Und der Medienrummel ist gewaltig. Alle Fernsehanstalten sind vertreten, manche berichteten sogar Live von dem Auftritt. Und die Halle, einer der größten auf dem Messegelände, ist mit über 6000 Menschen überfüllt. Als sie die Halle angespannt und schüchtern betritt, brandet Applaus auf und vereinzelte Margot-Rufe. Der Kirchentag hat seinen ersten Höhepunkt zu Beginn. ++++++ Der Präsident des ev. Kirchentages Prof. Eckhart Nagel dankt ihr für ihren Mut und ihr Kommen. "Es ist ein besonderer Moment hier." Und dann spricht sie ihre ersten Worte. Sie dankt für den Applaus und die Begrüßung: "Das tut mir wirtklich gut!". Man merkt der bekanntesten Protestantin ihre Anspannung an. Sie wird im Laufe der Morgenandacht weichen. Sie predigt über die Sintflut und Hoffnung. Eine intensive und stellenweise berührende
Bibelauslegung. "Naturkatstrophen und auch Vilkanausbrüche lehren uns Menschen Demut!" Und dann sagt sie noch einige Worte zur Ökumene ("Nein, es ist nicht alles gut im Moment!" und auch ein paar Worte über den Krieg in Afghanistan. "Krieg scheint eine reine Männerangelegenheit. Von den trauernden Frauen hört man kaum die Namen. Wo ist in diesem Krieg Hoffnung nach der Sintflut?", fragt sie Anspielung auf den Bibeltext aus Genesis. Und immer wieder kommt sie auf das Scheitern der Menschen zu sprechen, auf die Naturkatastrophen in den Familien: Krebs, Arbeitslosigkeit, oder "eben eine rote Ampel!". Bei solchen Sätzen herrscht Atemstille in der Halle. Und dann geht sie wieder nach 50 Minuten, verschwindet in einem Kamera- und Blitzlichtgewitter. Ich würde ja gerne
etwas kritisches sagen, aber dieser Auftritt war einfach ergreifend. ++++++ Was kann jetzt noch kommen? Das Glück, was sonst! Der Glückspapst Eckart von Hirschhausen hält auch eine Bibelandacht..naja, oder irgend so etwas. Es ist eher eine PowerPointPräsentation mit humorigen Einlagen. Klar, die Halle ist brechend voll, wie bei argot Kässmann, nur finde ich es irgendwie nicht lustig was von Hirschhausen da sagt. Er sieht so sichtlich bemüht aus, meint unbedingt Witze reißen zu müssen, und die Kirchentagsbesucher tun ihm den gefallen. Er redet auch vom Regenbogen und der Sintflut und zeigt dann
Reisebilder und Fotos von Regenbögen. Toll. Andererseits spricht er auch viele Menschen an...und hat durchaus Tiefsinn...nunja!++++++ Gar nicht witzig ist die Stimmung auf dem Kirchentag. Liegt es an diesem Sauwetter (kalt und regnerisch wie im März!), oder macht der "Wettergott" dem Christentreff einen Strich durch die fromme Rechnung? Ich weiß es nicht. Es liegt aber auch an dem Hauptveranstaltungsort. Das Messegelände hat den Charm einer verbrannten Weißwurst und eines abgestandenen Weizenbieres. Hoffentlich ändert sich das noch, denn irgendwie ist es nicht so fröhlich und locker wie in Bremen oder Köln.++++++ Die Prominenz ist auch da. Gerade ist mir Claudia Roth über den Weg gelaufen - genau, die rot (Haare)-grüne(Partei) Jubeldame aus Berlin. Irgendwie ist diese Frau anstrengend: ein Dopaminmittel auf zwei
Beinen. ++++++ Der erste Veranstaltungstag neigt sich dem Abend zu. Und nach sóviel Kopfarbeit und Denke´n ist es Zeit für Musik. Was wäre da passender als ein Open-Air Konzert mit den Wise Guys auf der Theresienwiese. Aber es regnet ohne Unterlass, und hey, ich bin nicht mehr der Jüngste. Also ab in die "Nacht der Lieder" auf dem überdachten Messegelände. Immerhin haben sich der wunderbare Liedermacher Gerhard Schöne mit Band und die neue
Kirchentagsband Fools Garden angesagt. Ja, ja, später hat auch noch ein gewisser Clemens Bittlinger gespielt. Vor dem Vergnügen gab es aber noch einmal einen Vortrag über Neurobilogie und Glauben mit dem berühmten Gehirnforscher Pfro. Singer ("Wir Menschen haben keinen freien Willen!" und dem Philosophen Prof. Thomas ("Das Ich und das Denken sind mehr als mein Gehirn!"). Recht hat der Heidelberger Denker, und deshalb schalte ich jetzt um auf leibliche Erholung. Das Konzert mit Schöne tut meinen Ohren und dem Herzen gut, und Fools Garden bringen die überfüllte Halle zum kochen. Natürlich fehlt nicht ihr Megahit "Lemon Tree" (fast schon ein Kirchentagslied, raunt der Lieadsänger der Band). Achja, und dann kam Clemens, und ich ging...denn ich war auf einmal hundemüde! ++++++
Mittwoch, der 12. Mai | 1. Tag | Kirchliches Vorspiel
++++++ Na, das fängt ja gut an: der 2. ökumenische Kirchentag. Noch nicht in München, und schon komme ich aus dem Wundern nicht heraus! Was passiert ist? Als Besucher dieses kirchlichen Events will ich optimal präpariert sein und studiere daher fleißig das Programmheft. Und das lässt mich an meinem Verstand zweifeln. Auf Seite 9 bekennen Prof. Dr. Eckhard Nagel (evangelisch) und Alois Glück (katholisch) frank und frei: "Christinnen und Christen verbindet viel mehr, als uns trennt!" Klingt gut, erstmal. Denn zwei Seiten später fordern die gleichen Kirchenpräsidenten alle Teilnehmenden auf, "die in den Kirchen gültigen Regeln zu achten und in Bezug auf das Abendmahl in ökumenischer Sensibilität miteinander umzugehen." Soll im Klartext heißen: nichts da mit Ökumene und gemeinsamer Eucharistie. Ja, was denn nun? Eint uns mehr als uns trennt, oder trennt uns doch mehr als uns eint. Bei soviel pastoralem Double Bind bräuchte ich erst einmal ein Weizenbier. Noch ist München 300 Kilometer entfernt. ++++++ Grün soll er sein: der Kirchentag. Ist ja löblich,
deshalb reisen wir auch mit dem Bus an, und nicht mit dem Auto. Aber warum bitte schön wird im Programmheft für den größten Autokonzern der Welt Werbung gemacht (Seite 18), und genau eine Seite vorher für einen C0 ²-freien Kirchentag geworben? Und warum werden einige Banken von den beiden Großkirchen (übrigens zu Recht !) kritisiert, aber gleichzeitig auf Seite 28 ausgerechnet für die HypoVereinsbank geworben? Die streicht seit längerem rabiat Stellen, weil sie sich zuvor an den Finanzmärkten verspekuliert haben. In der Anzeige des Programmheftes schwadronieren sie was von "sozialem Engagement". Da wird mir richtig übel! ++++++ Gibt es auch was positives zu melden? Ja: Das Programmheft! Margot Käßmann hat ihren ersten öffentlichen Auftritt seit dem legendären Ausritt mit einem Vehikel des größten Autokonzerns, Hans Küng kommt sowie Jörg Zink, Angelika Merkel, Horst
Köhler, Eckart von Hirschausen und natürlich die Wise Guys. Als Programmhöhepunkte zähle ich: Streitgespräch "Globales Wachstum ohne Ende" mit dem neoliberalen Chefrethoriker Hans-Olaf Enkel und dem neuen EKD-Ratsvorsitzendem Nikolas Schneider am Samstag um 14 Uhr in der Messehalle A 4. Sehr heiß zur Sache geht es bestimmt am Freitag um 11 Uhr in der Messehalle C1. Da wird sich die katholische Kirche dem Thema: sexueller Missbrauch stellen dürfen. Der Medienandrang dürfte groß sein, und die Proteste auch! Den Stand der Ökumene debattieren am selben Tag zwei große Theologen: Hans Küng und Jürgen Moltmnann ab 19.30 Uhr in der Messehalle B1. Dazwischen viele Bibelandachten, Kabarett mit Bülent Ceylan (Deutscher Comedypreis 2009) und
(aufgepasst!) dem christlichen Sangesbarden lemens Bittlinger ("Mensch Benedikt") - was für eine furiose Mixtur. Könnte ein echter Kracher werden, oder ein Vorgeschmack auf ein künstlerisches Fegefeuer. So, ich halte jetzt mein Berliner Mundwerk und schlaf etwas. Noch 100 Kilometer bis München. ++++++15 Uhr: drei Kirchentagsbusse aus den Dekanaten Darmstadt-Stadt, -Land, Vorderer und eigentlicher Odenwald sind sicher in der Lederhosenmetropole angekommen.
18.00 Uhr: Der ökumenische Kirchentag ist offiziell eröffnet worden. Ja, der Bundespräsident hat was gesagt ("Es gibt Skandale in der Kirche, aber auch viele ehrliche Christen"), und ein gewisser Herr Seehofer ("Man sollte den Worten von Poltikern nicht immer glauben!"). Und sonst? Die Bläserchöre sind wieder da und überall zu hören. Mein Motto: Ohren auf und durch! ++++++ Bei durchwachsenem Wetter kamen rund 100.000 Menschen in die Münchner Innenstadt, um den traditionellen "Abend der Begegnung" zu erleben. Jede Menge bayrischer Gaumenschmaus auf der Kirchenmeile und viele Gruppen, Vereine und kirchliche Organisationen, die sich hier traditioneller Weise präsentieren. Es ist halt wie immer, bei so einer Eröffnung eines Kirchentages, und doch möchte ich nicht auf diese klassischen Ingredenzien verzichten. Wer will schon Weißwurstl ohne Bier? Hier in München kaum einer - eben! Bischof Reinhard Marx taucht plötzlich mit einer Blaskapelle auf und dirigiert, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Nur sein Bodyguard schaut völlig irritiert.++++++Um 22.25 geht München ein Licht auf. Zum Abschlusssegen zwischen Odeonsplatz und Marienplatz entzünden tausende Menschen Kerzen. So erleuchtet geht die Christengemeinschaft schlafen. ++++++ Ach, fast hätte ich es dochvergessen: "Grüß Gott!" an all die Daheimgebliebenen.