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"Vor dem Himmel habe ich Angst"
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Zum Tode von Christoph Schlingensief (von Reinhard Völker)
Die Dramatikerin und Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hat es in einer ersten Reaktion auf den Punkt gebracht: „Ich dachte immer, so jemand kann nicht sterben. Das ist, als ob das Leben selbst gestorben wäre.“ Der Tod von Christoph Schlingensief hat mich getroffen, ja ich konnte es zuerst nicht glauben, als ich die Nachricht hörte. Wieso ist man beim Tod mancher Menschen des öffentlichen Lebens so berührt, und bei anderen nimmt man es recht gelassen hin? Vielleicht hat es etwas mit Verwandtschaft im Geiste zu tun - mit menschlicher und thematischer Nähe zu einer Person des öffentlichen Lebens. Und das war der Dramatiker, Filmemacher und Buchautor Christoph Schlingensief: ein Mensch, der die Öffentlichkeit liebte, von ihr lebte und sie sich zu Diensten machte. Nun ist er tot, mit 49 Jahren an Krebs gestorben. Der Aufruhr ist zur Ruhe gekommen, der Wüterich ist verstummt. Als er 2008 erfuhr, dass ausgerechnet er, der Nichtraucher, Lungenkrebs hat, da hat er auch diese Krankheit medial zum Thema gemacht: kokettierend und wütend zugleich. Er schrieb ein Buch darüber, einen Bestseller: „So schön wie hier kann es im Himmel gar nicht sein!“ Darin kotzte der vielseitig Begabte seine Wut auf Gott, seine katholische Kindheit und sein Schicksal ungeschminkt und offenherzig auf´s Papier.
Da war oft zu viel Pathos dabei, der unentwegte Drang, alles medial zu instrumentalisieren. Dieses Spiel mit den Medien, sowie seine provokanten Inszenierungen von der "Kirche der Angst" über seine wuchtige Parsifal-Aufführung in Bayreuth bis hin zu seinen Filmen "100 Jahre Hitler" sowie "Das deutsche Kettensägemassaker", sollten irritieren und ein an Katastrophen gewöhntes Publikum wachrütteln. Der Kritiker Frankfurter Rundschau hat das in seiner Eloge auf den Verstorbenen so gesehen: "Ja, Schlingensief war von sich selbst besessen, er war manisch. Aber er mochte so manisch und selbstbesessen sein, wie er wollte, am Ende ging es ihm doch vor allem um die Mitmenschen. In seiner selbst erfühlten und ausgedeuteten Religiosität, seiner Bereitschaft, es mit der ganzen Welt aufzunehmen, für andere mitzuempfinden, hatte er Qualitäten, die über das Gebiet der Kunst hinaus gehen und nur durch religiöse Vorbilder beschrieben werden können." Schlingensief hat sich, wie wohl kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler, mit der Religiosität und dem Glauben an Gott auseinandergesetzt. Er rang mit sich und uns coram publico um "die letzten Dinge". Er glaubte, so der Kritiker der F.A.Z "an die Kunst als heilende und erlösende Kraft". Diese Kraft hat ihn nun verlassen. Davor hatte er große Angst, wie Angst überhaupt sein Lebensthema zu sein schien. Einmal bin ich Christoph Schlingensief selbst begegnet. Als Journalist bei der Berlinale. Seine strubeligen Haare, irgendwie sein Markenzeichen, ließen mich an ein rebellisches Kind denken, dass nur eins will: geliebt werden (wie wir alle) und die bestehenden Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Vor dem Schlussakkord hat er sich stets gefürchtet. Er habe "Angst vor dem Himmel", so bekannte Schlingensief, denn "dann hänge ich vielleicht irgendwo zwischen den Sternen rum und kann nichts tun, würde so gern helfen oder etwas anderes machen, aber kann nichts machen.“ Vielleicht hat Schlingensief mit diesem öffentlichen Gezeter über seine Krankheit mehr für den christlichen Glauben getan, als es beide Großkirchen derzeit vermögen: er hat, für alle unüberhör, über den Sinn des Lebens, den Himmel auf Erden und den Sternen irgendwo dazwischen nachgedacht. Vielleicht weiß er nun, dass der Himmel kein Ort zum fürchten ist.
Mehr Infos über Christoph Schlingensief unter: http://schlingenblog.posterous.com/