Kurznachrichten

Die Evangelische Kirchengemeinde Fränkisch-Crumbach sucht für den Kindergarten
zum 1. Januar 2019 eine Erzieherin / einen Erzieher mit 15,5 Wochenstunden.
Stellenbeschreibung
Die Evangelische Kirchengemeinde in Fränkisch-Crumbach sucht für ihre Kindertagesstätte zum 01.01.2019 eine/n Erzieher/in mit 34,5 Wochenstunden für die Waldgruppe „Eichhörnchen“.
Stellenbeschreibung
Die evangelische Kirchengemeinde Nieder-Klingen sucht zum 1.1.2019
eine Küsterin / einen Küster. Stellenbeschreibung
Die ev. Kirchengemeinde Ober- und Nieder-Klingen besetzt zum 01.01.2019 die Stelle
einer Gemeindesekretärin/ eines Gemeindesekretärs. Stellenbeschreibung
Die Pfarrstelle in Brensbach ist ab sofort neu zu besetzen. Stellenausschreibung

Die Gemeinde als Herberge und Refugium

Evangelisches Dekanat Vorderer Odenwald befasst sich mit dem Thema „Flüchtlinge – Wie reagieren wir vor Ort?“
Flchtlinge bbiew HPEines Tages stand Temesgen Gebremedhin Fissehatsion vor der Tür der evangelischen Kirchengemeinde in Groß-Umstadt. Nach zehn Monaten im Flüchtlingsheim lief die Aufenthaltserlaubnis des Eritreers aus. Die Abschiebung drohte. Die Kirche gab ihm Asyl. „Aus der Begegnung mit diesem Mann hat sich für uns ganz viel entwickelt“, sagte der Groß-Umstädter Pfarrer Christian Lechelt bei einer internen Veranstaltung des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald zum Thema „Flüchtlinge – Wie reagieren wir vor Ort?“.

Zum ersten Runden Tisch Asyl seien circa 80 statt der erwarteten 40 Menschen gekommen, eine Kleiderkammer für Flüchtlinge sei entstanden, und es habe schon mehrmals ein Asylcafé gegeben, organisiert von einer 17-Jährigen. Er sei stolz, dass all das hier Raum habe, so Lechelt, all das sei Kirche. „In der Begegnung mit dem Fremden werden wir zum Menschen.“

Neue Aufnahmekultur ist notwendig, denn die hohen Flüchtlingszahlen bleiben
1557 Flüchtlinge waren zum Stichtag 31. Dezember 2014 im Landkreis Darmstadt-Dieburg untergebracht, erläuterte die Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Rosemarie Lück (SPD). In diesem Jahr sei mit 1300 Flüchtlingen zu rechnen. In fast allen Städten und Gemeinden gebe es Asyl- oder Helfer-Arbeitskreise. „Zulauf und Hilfsbereitschaft sind enorm“, sagte Lück. Aber es gebe auch Anzeichen, dass viele Menschen nicht damit einverstanden seien, dass Flüchtlinge kommen. Den Kreis stellt der ungeminderte Zustrom vor große Probleme, denn die vorhandenen Unterkünfte reichen nicht aus.
Grafik LadadiHP „Wir leben in einem neuen Jahrhundert der Flüchtlinge mit dauerhaft hohen Flüchtlingszahlen und lang anhaltenden Fluchtsituationen“, sagte Andreas Lipsch, Interkultureller Beauftragter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Leiter des Bereichs Flucht, Interkulturelle Arbeit und Migration der Diakonie Hessen und Vorsitzender von Pro Asyl. 2013 waren weltweit 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht; Tendenz steigend. Es müsse gelingen, von der Willkommenskultur zu einer zukunftsfähigen Aufnahmekultur zu gelangen, sagte Lipsch. Da die Flüchtlinge in der Regel aus zerfallenden Staaten kämen und die Nachbarstaaten auch auf der Kippe stünden, sei die „Bekämpfung“ der Fluchtursachen keine Alternative zur Flüchtlingsaufnahme.

Lck LipschHPIn allen europäischen Staaten gebe es derzeit rund 435.000 Flüchtlinge – so viele waren es in den 1990er Jahren allein in Deutschland. „Das ist die europäische Belastung“, so Lipsch, „die ist so hoch nicht!“ Zum Vergleich: Die fünf größten Aufnahmeländer von Flüchtlingen sind Pakistan mit 1,6 Millionen, Libanon mit mehr als 1,1 Millionen, Türkei mit mehr als einer Million, Iran mit circa 982.000 und Jordanien mit 737.000 Flüchtlingen.

Voraussetzung für eine neue Aufnahmekultur sei die Integration vom ersten Tag an, so Lipsch. Dafür müsse es Sprach- und Orientierungskurse für alle geben, das Asylbewerberleistungsgesetz müsse abgeschafft werden, es brauche bundesweite Mindeststandards und eine Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus. „Kirche und Diakonie praktizieren von ihren Anfängen an eine Aufnahmekultur“, so Lipsch. „Die Gemeinde als Herberge und Refugium ist aktueller denn je und ein (an)sprechendes Gleichnis des Reiches Gottes im Jahrhundert der Flüchtlinge.“

Das Zauberwort heißt „Anerkennung“
Andrea Alt, Referentin für Bildung und Erziehung im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald, lenkte den Blick auf die vielen Ehrenamtlichen, die sich im Landkreis in der Flüchtlingsarbeit engagieren. Im Gegensatz zu den 1990er Jahren würden sie heute von Behörden, Kommunen und der Politik hochgeschätzt und für ihren Einsatz gelobt. Dennoch gebe es eine Reihe von Problemen. So seien Ehrenamtliche oft inhaltlich und zeitlich überfordert, vor allem auch in rechtlichen Fragen. Die unreflektierte Motivlage der Ehrenamtlichen könne zu Konflikten führen und die Begegnung mit Flüchtlingen erschweren, wenn zum Beispiel die erwartete Dankbarkeit ausbleibe oder wohlmeinende Spenden aus welchen Gründen auch immer auf dem Müll landeten. Ein großes Thema seien auch fehlende Sprachmittler. Für Andrea Alt sind diese Schwierigkeiten dem Widerspruch zwischen einer ideellen Anerkennung von Flüchtlingen und einer gleichzeitigen Politik der Ausgrenzung und Nichtanerkennung geschuldet sowie einem Mangel an hauptamtlichem Personal und starren bürokratischen Strukturen. Das Zauberwort laute Anerkennung – der Fluchtgründe, der Bedarfe von Flüchtlingen, der strukturellen Versorgung, der Leistung und Bedarfe der Ehrenamtlichen. Nur wer das anerkenne, könne sein Handeln auf die Notwendigkeiten der Praxis richten, sagte Andrea Alt.

Alt LecheltHPFlüchtlinge als Projektionsfläche der eigenen Ängste
Könnte eine weltweite Freizügigkeit im Asylverfahren eine Lösung sein? Wie geht man mit der Angst vor „Islamisierung“ um? Wie mit Neid? Das waren nur einige der vielen Fragen in der von Dekan Joachim Meyer moderierten Diskussion. Die meisten Opfer des islamischen Terrors seien Muslime, sagte Andreas Lipsch. Er glaube, dass man „das Prinzip Freizügigkeit über die europäische Union hinaus“ denken müsse. Wenn man Menschen wandern und somit zirkulieren ließe, hätten Regionen Entwicklungsmöglichkeiten. Aber das Grunddenken in der Flüchtlingsthematik sei von Abwehr geprägt, so Lipsch.

Sie habe den Eindruck, dass Flüchtlinge häufig als Projektionsfläche dienten, weil es eine generelle Angst vor sozialem Abstieg gebe, sagte Andrea Alt. Menschen, die sich nicht in der Gesellschaft integriert fühlten, wehrten sich gegen andere, die Sozialleistungen erhielten, ergänzte Rosemarie Lück. Eine Balance zwischen den Rechtsbereichen sei geboten, „aber wir hinken mit den Strukturen hinterher“. Dass sich die Flüchtlinge uns anpassen müssten, sei das „Killerargument für eine Begegnung auf Augenhöhe“, sagte Christian Lechelt.

Dekan Meyer stellte ein Zitat aus der Rede des Bundespräsidenten Joachim Gauck zum Holocaust-Gedenken gewissermaßen als Leitsatz vorne an:  „Und doch können wir nach den dunklen Nächten der Diktatur, nach aller Schuld und später Scham und Reue ein taghelles Credo formulieren. Wir taten es, als wir dem Recht seine Gültigkeit und seine Würde zurückgaben. Wir taten es, als wir Empathie mit den Opfern entwickelten. Und wir tun es heute, wenn wir uns jeder Art von Ausgrenzung und Gewalt entgegenstellen und jenen, die vor Verfolgung, Krieg und Terror zu uns flüchten, eine sichere Heimstatt bieten.“


Hintergrund
Die fünf größten Herkunftsländer von Flüchtlingen sind: Syrien mit 3,2 Millionen, Afghanistan mit 2,7 Millionen, Somalia mit 1,1 Millionen, Sudan mit 670.000 und Südsudan mit 510.000.

Laut Landesaufnahmegesetz Hessen aus dem Jahr 2007 sind die Städte und Landkreise verpflichtet, die Asylbewerber aufzunehmen und unterzubringen. Die Quote für Hessen beträgt 7,21 Prozent, die für den Landkreis Darmstadt-Dieburg 5,0 Prozent. Der Kreisausschuss hat am 9. Juli 2013 beschlossen, die Asylbewerber gemäß Einwohnerzahl auf die einzelnen Kommunen des Landkreises zu verteilen.

Die Anzahl der beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellten Erstanträge ist im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr um 57,9 Prozent gestiegen, die der Folgeanträge um 70,6 Prozent. Rund ein Drittel der Anträge wurde positiv beschieden. Im vergangenen Jahr waren die Hauptherkunftsländer der Erstantragssteller im Landkreis Darmstadt-Dieburg: Syrien, Serbien, Eritrea, Afghanistan, Albanien, Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Somalia, Irak.

Text: Silke Rummel; Fotos: Silke Rummel/Berndt Biewendt (Ev. Dekanat Bergstraße), Grafik: Landkreis Darmstadt-Dieburg

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